Case study
Systematische Ausgrenzung von FlüchtlingsschülerInnen
Allgemein Höherbildende Lehranstalten mit SchülerInnen zwischen 15 und 16 Jahren.
Zwei junge, Syrische Schüler.
Reguläre Klassengröße: 15-20 SchülerInnen, SchülerInnen zwischen 15 und 16 Jahren, die meisten einer etnischen Mehrheitsgruppe angehörig.
Adnan und Sayid sind zwei Syrische Flüchtlingsschüler. Sie kamen mit ihren Familien nach Österreich und wurden dort in einer Schule mit vornehmlich österreichischen SchülerInnen eingeschult.
Die beiden Buben sprechen Deutsch nicht sonderlich gut und die anderen Schüler unterhalten sich nicht mit ihnen. Sie werden bei Klassenaktivitäten ausgelassen und in der Freizeit machen sich die anderen Kinder oft lustig über die beiden Syrer, weil sie die Sprache nicht sprechen und über die Art wie sie sich kleiden. Zusätzlich zu der Trennung von anderen SchülerInnen, werden die Buben jedes Mal für Probleme, die die Schulklasse bekommt, verantwortlich gemacht. In drei Fällen wurden sie auch von anderen SchülerInnen physisch angegriffen und mit den Slogans “Moslems geht nachhause” , “Ihr gehört nicht hier her” und “Nur ein toter Moslem ist ein guter Moslem”. Mit der Zeit fühlen sich die Buben immer mehr isoliert von der Gruppe und haben zunehmend Gefühle der Angst und Traurigkeit, was sich wiederum nicht nur auf die psychische Konstitution der Schüler auswirkt, sondern auch auf deren schulische Leistungen. Die Situation ist mittlerweile so schwierig geworden, dass sie sogar die Schule verlassen wollen.
Tagesschule für Allgemeinbildende Schulen oder Berufsschulen. Es gibt eine Vielzahl an Stunden während des Tages (Allgemeinbildende Schule beinhaltet Schuleinheiten wie Sprache, Wissenschaft, Geisteswissenschaften und technische Ausbildung, die auch die Richtung zB. Kochen, Werken, Elektrik und Installateur inkludiert.
Schullehrer
Aber auch Schulräte, Psychologen und SozialarbeiterInnen wie auch Mitarbeiter der Schuladministration können in den vorgeschlagenen Aktivitäten involviert sein.
Die Gründung von einem schulinternen, interdisziplinären Team, das aus LehrerInnen, Schulräten und/oder Psychologen und/oder SozialarbeiterInnen und jedenfalls Repräsentanten der Schuladministration, die für die Entwicklung und Implementierung einer systematischen Prävention und Gegenmaßnahmen zuständig sind. Das Team wird Mechnismen und Maßnahmen überlegen, die auf der Schulebene, der Klassenebene und auf der Individualebene umgesetzt werden können.
Ziel ist es, dass man mit Zwischenfällen - wie dem beschriebenen – systematisch und ganzheitlich umgeht und dabei eine nachhaltige Lösung im Bezug auf die Prävention von solchem Verhalten findet, aber möglicherweise auch eine Entwicklung in diese Richtung frühzeitig erkennt und verhindert.
Die Gestaltung einer “Flüchtlingswoche” am hauseigenen Schulgelände beinhaltet unterschiedliche Aktivitäten wie Vorführungen von Videos, Fotoausstellungen, kulturelle und erzieherische Aktivitäten. Dadurch soll es zu einer verstärkten Sensibilisierung für die Länder aus denen die Flüchtlinge dieser Schule kommen. Aber auch die Thematiken “Was heißt es, ein Flüchtling zu sein?”, “Wie wichtig ist das Land, in das ich flüchten konnte für mich, mein Leben, meine Sicherheit und meine Würde als Flüchtling?” und der positive Beitrag, den ein Land leisten kann, um diese Themen abzudecken, sollten dabei angesprochen werden. Ziel dieser Aktions-Woche ist es, die negativen Erzählungen - die in weiterer Folge diese Trennung und schlussendlich die physichen und psychischen Übergriffe generieren - über Flüchtlinge zu neutralisieren und ihnen einen anderen Blickwinkel zu geben. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Aktionswoche ist, dass die Koordination direkt über die SchülerInnen laufen und die LehrerInnen als Unterstützung zur Seite stehen. Dadurch, dass die SchülerInnen im Zentrum dieser Aktivitäten und Aufgaben stehen, ist ein learning-by-doing Zugang gegeben und somit erleichtert dies das Lernergebnis wie Wissensbildung über Flüchtlinge und deren positiven Einfluss auf die Gesellschaft (Umkehrung der negativen Erzählungen) oder/und Kommunikationsfähigkeiten und/oder Veränderung der Einstellung gegenüber diesen MitschülerInnen zB. Solidarität.
Die Diskussion kann mit einer Kleingruppen-Arbeit beginnen. In Gruppen bestehend aus 3 SchülerInnen werden Themen/Fragen/Kernpunkte besprochen und beantwortet. Hier ein paar Beispiele: Was ist die Rolle der Flüchtlinge in unserer Gesellschaft? Was sind die Rechte und Verpflichtungen? Warum gibt es diese Ausgrenzung/ dieses Mobbing in unserer Klasse? Was ist Rassismus und wie schadet Rassismus uns? Was ist Anfeindung und wer sind die Opfer? Wer sind normalerweise die Ziele? Nach 15 Minuten der Diskussion in den Kleingruppen, bildet sich wieder ein großes Plenum, in dem die Ideen besprochen werden. Die offene Diskussion in der großen Runde ist gefolgt von Rückmeldungen aus den anderen Gruppen. Die Lehrkraft nimmt die Kernpunkte auf und wesentlichen Erkenntnisse, um diese nochmal gesondert zu besprechen.
Die SchülerInnen können frei in der Gruppe die Themen besprechen, die sie bedrücken bzw. die normalerweise nicht angesprochen werden. Es ist eine sehr gute Möglichkeite, um Hürden zu überwinden, die eine falsche Sichtweise auf die Thematik bringen und damit intolerantes Verhalten provozieren. Gleichzeitig bekommen unbeteiligte Dritte, Opfer und Täter die Möglichkeit, ihre Gefühle klar auszudrücken. Zustätzlich wird durch so eine Aktion, das kritische Denken über Themen, die normalerweise zu negativem Verhalten gegenüber den KollegInnen führt (vor allem durch die Analyse von Rasissmus und Hasssprache), gefördert und ein positives Verhalten und Wissen nachhaltig unterstützt. Die Auswirkung dieser Aktion ist die Bewusstseinssteigerung zum Thema “Flüchtlinge” und deren Ursprungsländern und Kulturen. Das Ergebnis verändert die negativen Erzählungen über Flüchtlinge und gibt ihnen einen persönlichen Bezug. Mit diesem Schnellballsystem wird die negative Einstellung gegenüber Flüchtlingen bewältigt.
Es ist wichtig, dass ein SchülerInnen zentrierter Zugang angewendet wird und eine “Flüchtlingswoche” veranstaltet, da sich nur so der Zugang und die Entwicklung der notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Haltungen zu der Problematik entwickeln können.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass manche Kinder (allen voran z.B. Täter und Opfer) sich nur zögerlich in die Aktivitäten einbringen wollen. Deshalb ist es wichtig, dass die zuständigen LehrerInnen sie dabei unterstützen, diese anfänglichen Zweifel zu bewältigen und zu überwinden.
Man sollte beachten, dass diese Art der Maßnahme zum einen als Antwort auf die beschriebene Ausgangssituation auch in Höheren Mittelschulen und höhere bildende Lehranstalten, die vornehmlich Mehrheitsgruppen ausbilden, angewendet werden kann. Gleichermaßen kann die Aktivität aber auch zur Entwicklung von Wissen, Kenntnissen und Haltungen in Bezug auf Toleranz von anderen Kulturen, anderen Religionen und anderen ethnischen Gruppen herangezogen werden.